Was ist Early Neutral Evaluation ("ENE")

Early Neutral Evaluation („ENE“) ist ein Verfahren der alternativen Streitbeilegung, bei dem ein neutraler Dritter, der Evaluator, den Parteien eine fachliche und fundierte Einschätzung zu ihrem Fall zu Verfügung stellt. Diese Einschätzung und ein damit verbundener Lösungsvorschlag können verbindlich oder unverbindlich sein,

Der Hauptzweck der ENE besteht darin, den Parteien eine objektive Perspektive auf ihre rechtliche Position zu bieten, um so eine schnellere und informierte Entscheidung über eine mögliche Lösung oder die nächsten Schritte in der Wahl des geeigneten Streitbeilegungsverfahren zu ermöglichen.

Der Evaluator ist ein erfahrener Anwalt, Experte oder ehemaliger Richter, der den Fall anhand der vorgelegten Beweise und Argumente bewertet und eine vorläufige, neutrale Einschätzung darüber abgibt:

  • wie eine Lösung aus seiner Sicht aussehen könnte
  • wie ein Gericht oder Schiedsgericht wahrscheinlich entscheiden würde,
  • wie lange die jeweiligen Verfahren dauern könnten
  • welche Kosten dadurch entstehen würden.

 

Anwendung

Einige Fallbeispiele für Early Neutral Evaluation (ENE) in verschiedenen Kontexten:

  • Fehlallokation Fondsvermögen: Ein institutioneller Anleger wirft einem Fondsmanager vor, dass dieser gegen die Anlagestrategie verstoßen und Gelder in nicht genehmigte Anlageklassen investiert hat. Die ENE bewertet, ob ein Verstoß vorliegt.
  • Bauvertrag: Streit über Mängel an einem Bauprojekt. Ein Evaluator bewertet die Sachlage und gibt eine Einschätzung zu möglichen Haftungsfragen.
  • Arbeitsrecht: Ein gekündigter Mitarbeiter klagt wegen unrechtmäßiger Entlassung. Eine neutrale Instanz gibt eine erste Einschätzung zur Erfolgsaussicht der Klage.
  • IT-Projekt: Ein Softwareanbieter und ein Kunde streiten über verspätete Lieferung. Der Evaluator analysiert den Vertrag und bewertet, ob eine Vertragsverletzung vorliegt.
  • Familienrecht: Ein Paar streitet über Unterhaltszahlungen. Eine neutrale Person bewertet die rechtliche Lage und empfiehlt eine realistische Lösung.
  • Handelsstreit: Zwei Unternehmen streiten über eine fehlerhafte Warenlieferung. Ein neutraler Experte gibt eine Prognose zur Erfolgschance einer Klage.
  • Versicherungsrecht: Ein Versicherungsnehmer fordert eine Schadensauszahlung, die Versicherung lehnt ab. Der Evaluator gibt eine objektive Einschätzung zur Vertragslage.

 

Vorteile

Eine der größten Vorteile der ENE ist die schnelle Klärung der rechtlichen Aspekte eines Falls.

Durch die neutrale und fundierte Einschätzung des Evaluators wissen die Parteien frühzeitig, wie stark ihre Position vor einem Gericht oder Schiedsgericht wäre. Dies kann helfen verlorengegangene Objektivität wieder zu erlangen und die Parteien dabei unterstützen, realistische Erwartungen zu entwickeln.

Ein weiterer Vorteil der ENE ist die Kostenersparnis. Durch die objektive Evaluation können langwierige Prozesse und die ungeeignete Streitbeilegungsform vermieden werden.

 

Kosten

Die Kosten der ENE sind in der Regel niedriger als bei einem Gerichts- oder Schiedsverfahren, da das Verfahren kürzer und weniger komplex ist.

Der wichtigste Kostenfaktor ist das Honorar des Evaluators, welches nach Stundensatz abgerechnet wird. Im Allgemeinen ist die ENE ein kostengünstiger und sinnvoller Einstig in andere Streitbeilegungsverfahren.

 

Ablauf

Das CMCC schlägt einen sorgfältig ausgewählten Evaluator vor, der meist ein erfahrener Anwalt oder ein Experte in einem bestimmten Fachgebiet ist.

Der Evaluator prüft die vorgelegten Dokumente und Beweise und hört die Argumente der Parteien an. Basierend auf dieser Prüfung gibt der Evaluator eine informierte Einschätzung der Stärken und Schwächen des Falls ab und teilt diese den Parteien mit.

Diese Einschätzung kann den Parteien dabei helfen, realistische Ziele für die weitere Streitbeilegung zu setzen. In vielen Fällen führt die ENE dazu, dass die Parteien den Fall in einem geeigneten anderen Verfahren wie der Mediation oder der Arbitration weiterverfolgen.

 

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